Die Wälder und tiefen Schluchten des Elbsandsteingebirges bieten dem Betrachter unzählige verwunschene, geradezu mystische Plätze. Fast andächtig kann man sich im Labyrinth der Felsen bewegen und kommt aus dem Staunen nicht heraus, während die Phantasie Purzelbäume schlägt. Schon immer faszinieren mich Fantasy, Mystik und Magie … warum also nicht einmal ein solches Foto in der Welt der Sandsteintürme versuchen?
Bei Facebook sind gerade Fotos "angesagt", auf denen Gestalten in düsteren Umhängen laterneschwingend durch die sächsisch-böhmischen Wälder eilen. YES, genau mein Ding ;) … und machbar erscheint es auch.
Also fix so einen mittelalterlichen Umhang mit Kapuze besorgt (darunter interessiert auch niemanden die Frisur).
In Rot natürlich, schließlich birgt ein roter Umhang eine gewisse Mystik im moosig, grünem Felslabyrinth. Nicht zuletzt erinnern wir uns an den Film "The Village", in dem die Farbe Rot unweigerlich das im Wald hausende Böse anlocken soll.
Nun wird das Umhang-Teil permanent mitgeschleppt, falls sich unterwegs die Gelegenheit auf "DAS" Foto ergibt. Der Fotograf (Helmut) ist wenig begeistert, er bevorzugt komischerweise farbenfrohe Kletterer (ohne Kapuze) an sonnenbeschienenen Felswänden. Naja …
Versuch Nr. 1: Tisa … wo sonst?
Die erste Gelegenheit für ein Bild ergibt sich an einem trüben Dezembertag in (bzw. auf) den Felswänden von Tisá. Es ist etwas nebelig, trüb, kalt und hinreichend dunkel.
Schnell werfe ich mir den Umhang über und stelle mich auf die Klippe an der Klausenkirche (AW, sehr, sehr böhmische III). Helmut schießt mit Grabesmine ein paar Händibilder. Das Ergebnis … nunja, eher scheußlich :D
Die "Figur" hat einen Buckel und man hätte auch einen Stock mit Ball als Kopf unter den Umhang stellen können.
Fazit:
1. Keine Kapuzenjacke unter den Umhang!
2. Wir brauche Action!
Versuch Nr. 2 - Anonymität, YES!
Ich schnappe den Umhang und suche eine hübsche Stelle im Grund des Felsenlabyrinths. Helmut läuft maulend hinter mir her (sehr wahrscheinlich sehnt er sich nach Sonne und einer Sternchen-VIIc mit buntem Kletterer dynamisch an ausgesetzter Schlüsselstelle).
Endlich habe ich eine Stelle gefunden und schleiche sogleich motiviert-mystisch zwischen den Felsspalten mit Umhang und Laterne wie ein Geier auf Nahrungssuche umher, während Helmut wahllos und seufzend ein paar Händibilder macht … offenbar ist er weder mit Location noch Motiv glücklich.
Ein paar der wenigen Spaziergänger grinsen ihm im Vorbeigehen mitfühlend zu … ich ziehe mir die Kapuze in die Stirn (Ha! dann er kennt mich wenigstens niemand ;)).
Das Ergebnis … naja, es fehlt an Dramatik, an Dynamik … und ganz klar: an Mystik!
Tja, da hatte ich gedacht, es sei einfach, ein wenig gruselig durch den Sandstein zu schweben … !
Versuch Nr. 3: Brand.
Helmut kennt da eine Stelle … also nix wie hin. Tatsächlich: Eine Schlucht mit schlanken, unendlich wirkenden Buchen und malerischen Sandsteinblöcken. Wie gemalt. Es fehlt etwas Nebel oder Dunst … Trotzdem, einen Versuch ist es wert. Ich werfe den Umhang über und stapfe möglichst mittelalterlich durch Laub und Blöcke. Ergebnis: Das Bild ist recht hübsch, doch leider wenig mystisch … liegt vielleicht auch an meiner Jeans?
Versuch Nr. 4: Bielatal, mystische Ruine
Es ist nun Silvester und wir feiern - später - in einer Hütte im Bielatal. Bei Tageslicht sammeln wir daher noch ein paar Wege und für "alle Fälle" habe ich auch Umhang und Laterne dabei.
Als es fürs Klettern zu dunkel wird, wollen wir für ein "Mystik-Bild" die alte Turmruine am Eingang des Tals testen.
Ich entferne Kapuzen, entzünde die Laterne und hopse auf die Stufen der Turmruine. Der Wind bläst fotogen in den Umhang, stimmungsvoll schimmert der Mond hinter den Bäumen und ich steige in Zeitlupe die Stufen hoch und wieder runter, wieder hoch, wieder runter (soweit zu Action) und fühle mich fast schon wie Rapunzel!
Doch im Ergebnis ist das Bild ganz ansehnlich geworden :D ... dem Fotografen entlockte es allenfalls ein Brummen.
Nun bin ich recht stolz auf mein erstes Mystikbild aus dem Elbsandstein und wer hätte gedacht, dass es so schwierig ist, ein halbwegs ernsthaftes Bild mit Umhang hinzubekommen.